Das Franz-Josef-Land, von den Polarforschern kurz FJL genannt, ist ein wundervoller Archipel mit vielen Inseln, gewaltigen Gletschern, eine Märchenwelt glitzerndes Eises.
Blendend weiß und glitzernd. Die Natur erscheint uns hier wie zur Eiszeit, unverändert – ein Kleinod der Natur.
Eine Dxpedition nach FJL- das war unser Traum seit vielen Jahren und wir arbeiteten schon lange darauf hin.
Zu Beginn meines Berichtes möchte ich bemerken, dass die Idee einer DX-Expedition nach Franz-Josef-Land ursprünglich von Valery Komarov, RD3AF stammt. Valery hat all seine Kraft und große materielle Mittel eingesetzt, um diese Expedition zu ermöglichen und an dieser Stelle gebührt ihm der Dank aller Expeditions-Teilnehmer.
Im März 2003 hatte eine Gruppe mit Valery, RD3AF, Valery, RX3DU und Viktor, UA3AKO schon einmal versucht, nach FJL zu kommen. Alles war bestens vorbereitet, aber das Wetter hat eben seine eigenen Gesetze und nach 7 Tagen „auf Flugwetter wartend“ auf dem Flugplatz in Vorkuta , kehrte die Mannschaft nach Moskau zurück.
Die Funkamateure der ganzen Welt waren enttäuscht und hofften auf eine neuen Versuch.
Über das Wetter in der Arktis, über dessen Gesetze, ließe sich eine eigene Abhandlung schreiben und dass das Wetter gleichsam eigene Bedingungen schafft, davon konnten wir uns auch diesmal wieder überzeugen.
Bis zum Abflug aus Sheremetyevo hofften alle Expeditionäre, dass Valery, RD3AF mit von der Partie sein könnte, leider ließen das seine anderen Verpflichtungen nicht zu.
Keine geringere Rolle in der Vorbereitung der Expedition R1FJ und bei der Überwindung vieler scheinbar unlösbarer Probleme spielte das Mitglied der Mannschaft, Leonid Kovalevsky, RZ3DU. Auch ihm hier ein herzliches Dankeschön.
Ich glaube, die gute Vorbereitung einer Expedition ist der Unterpfand für ihr Gelingen. Deshalb einige Worte hierzu:
Zunächst wurden die Teilnehmer der Expedition ausgewählt:
Valery ( RD3AF), Leonid (RZ3DU), Nikolai (UA3DX), Viktor (UA3AKO), Yuri (RU3AV), Leonid (RN3AZ) und der professionelle Foto/Kino-Operateur Vladimir.

Die heiße Phase der Vorbereitung begann etwa im Januar 2004. Aufbauend auf den Erfahrungen des vergangenen Jahres mussten alle Genehmigungen eingeholt, die Pass- und Reiseformalitäten geklärt werden. Jeder hatte seine eigenen Aufgaben, jeder konnte sich auf den anderen verlassen. Regelmäßige Treffen informierten alle Teilnehmer über den Fortgang der Dinge.
Als Abflugtermin wurde der 13.März ins Auge gefasst, jedoch unsere staatsbürgerliche Pflicht, die Wahl des Präsidenten der Russischen Föderation am 14.03.2004, ließ uns den Abflug über Vorkuta auf den 16. März verschieben.
Nunmehr begann die endgültige Vorbereitung der Technik, Antennen, Einkauf und Vorbereitung von Lebensmitteln und anderer notwendiger Versorgungsgüter.
Geplant war die Mitnahme dreier kompletter Stationsausrüstungen, 2 FT1000Mark-V,
FT-875DSP, ACOM-2000A, Tl-922, Home-Made-PA (2xGI46B). Antennenseitig waren vorgesehen 2 Verticals DX77A, zwei TH3MK4, A3WS, inverted V für 80 und 160m. Verantwortlich für die Antennentechnik zeichneten Viktor, UA3AKO und Yuri, RU3AV. Alle Antennen wurden noch in Moskau aufgebaut, aufgerichtet und in Aufbauhöhe vorabgeglichen und sorgsam verpackt. Für die Verticals baute Leonid, RZ3DU spezielle Masten aus Leichtmetall, die sich beim Aufbau der Antennen im Eis ausgezeichnet bewährt haben. Mit der Computertechnik und dem Computernetzwerk befassten sich Leonid, RN3AZ und Yuri, RU3AV. Die Software und das Netz aus 4 Notebooks wurden unter Einsatzbedingungen getestet. Alles OK.
Darüber hinaus wurde ein Satellitentelefon „Iridium“ angemietet, denn nur dieses System gestattete die Kommunikation in der Arktis und von FJL aus.
Mit Elena, RV3ACA wurde die Erstellung einer entsprechenden Seite im Internet vereinbart, mittels Satellitentelefon konnten wir auch das online-log während der Expedition sichern.
Die Datenübertragung war zwar sehr langsam, aber besser als nichts!
Drei Tage vor Abflug teilte uns Valery, RD3AF mit, dass er leider nicht an der Expedition teilnehmen könne, aber alle Anstrengungen unternimmt, dass sie trotzdem stattfinden kann. Die Absage von RD3AF war ein harter Schlag und brachte die Expedition ernsthaft in Gefahr. Da auf Valerys Schultern der Großteil aller organisatorischen Fragen lag, musste schnellstens umdisponiert werden, sowohl organisatorisch als auch in technischer Hinsicht. Nach anfänglichen Problemen konnte auch diese Hürde genommen werden.
Im Vorgriff kann festgestellt werden, dass die gesamte Technik hervorragend spielte und keinerlei Probleme auftraten. Nur auf den WARC-Bändern traten gegenseitige Störungen auf, denn Bandpassfilter hatten wir nur für die „üblichen“ Bänder.
Für die Versorgung der gesamten Expedition zeichnete RD3AF verantwortlich, darüber hinaus versorgte er uns mit guten Geschenken für die Grenzsoldaten, die ja unsere Gastgeber auf FJL sein sollten.
Der Tag der Abreise.
Alles wurde nach Sheremetyevo-1 verfrachtet, die Stimmung ist gut. Das Flugzeug AN-26 der „Polar-Aviation“ aus Vorkuta kam pünktlich in Moskau an und wurde beladen. Gegen 14.00 Uhr sind wir in der Luft.
Zu früh gefreut….kurz nach dem Abflug teilt uns der Pilot mit – kein Flugwetter in Vorkuta, wir müssen ausweichen nach Archangelsk. Sollte sich alles wiederholen ?
In Archangelsk war schönes Wetter. Das letzte mal war ich hier 1985 als Kursant der Seefahrtsschule. Damals hatte unser Schulschiff, die „Perekop“ in Archangelsk festgemacht und wir hatten Zeit, uns die Stadt anzuschauen. Heute hat sich Archangelsk sehr zu seinem Vorteil verändert.
Die gleiche AN-26 brachte uns am Morgen des 17. März nach Vorkuta. Die Zeit bis Vorkuta verging schnell in unserer Aufregung. Nur Viktor, UA3AKO schlief tief und fest. Die gesamte Verantwortung für die Expedition lag nun auf seinen Schultern, er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und ständig Wetterinformationen eingeholt.
In Vorkuta ist es relativ warm, minus 18°C. Von den Einheimischen erfahren wir, dass dies eine anomale Erwärmung ist und nichts gutes erwarten lässt. Können wir nun nach FJL weiterfliegen?
Kaum darüber nachgedacht, kommt die Mitteilung, kein Flugwetter auf FJL, warten bis morgen!
Wir quartieren uns im Hotel „Vorkuta“ ein und hoffen auf besseres Wetter. Obwohl die Flugleitung uns versprochen hat, sofort Bescheid zu geben, fangen wir an, langsam unruhig zu werden. So begann es auch im letzten Jahr.
Alle warten am nächsten Morgen auf den Anruf vom Flugplatz. Endlich kommt das Signal, das Flugzeug sei startklar, Wetter OK. Beim Start „erfreut“ uns der Pilot gleich mit der Feststellung, dass gestartet - noch lange nicht angekommen heißt. Die Flugzeit nach FJL beträgt 4h 45min, da kann sich das Wetter in der Arktis dutzendmal ändern und die Möglichkeit nach Vorkuta zurückkehren zu müssen , sei durchaus nicht gering. Aber das Wetter zeigte sich diesmal von seiner guten Seite, während des ganzen Fluges konnten wir uns an der herben Schönheit der arktischen Landschaft kaum satt sehen. Deutlich waren die Treibeisfelder in der Kara-See zu sehen, wunderschön die von Gletschern und Eis bedeckte Gebirgslandschaft von Novaya Zemlya, die Eismassen und Eisberge in der Barents-See.
Beim Anflug auf unser Ziel, Zemlya Aleksandry konnten wir die schier unermessliche Anzahl größerer und kleinerer Inseln des Archipels FJL erkennen, mit Schnee und ewigem Eis bedeckt. Auf einigen Inseln erkennen wir aufgelassene Gebäude, alte Wetter- und Polarstationen mit ihren Funksendemasten und einer Riesenanzahl alter Treibstoff-Tanks.
Kurz vor der Landung ziehen wir die Wintersachen an, die minus 33°C sind für uns Hauptstädter doch sehr heftig. Die Landung auf der Schneepiste auf Alexandra-Land war überraschend weich, was nochmals die legendären fliegerischen Leistungen der Polarpiloten unter Beweis stellte.
Es war Nachmittag , der 18. März 2004.
Die Soldaten der Grenzstation „Nagurskaya“ bereiteten uns einen warmen, herzlichen Empfang und halfen nach Kräften beim Ausladen unserer Ausrüstung.
Wir waren da !
Jetzt ist sicher der Zeitpunkt für einen kleinen Abriss zur Geschichte des Franz-Josef-Landes gekommen. Schon lange vor der Entdeckung des Archipels hatte der große russische Gelehrte Michail V. Lomonosov Mutmassungen über seine Lage geäußert. Allerdings hatte die zaristische Regierung darauf nichts gegeben und alle Projekte zur Erforschung der Arktis nicht weiter verfolgt.
1872 startete die österreich-ungarische Nordpolarexpedition unter Leitung von Julius von Payer und Carl Weyprecht mit ihrem Schiff Tegetthoff, welches im Sommer 1872 westlich von Novaya Zemlya im Eis eingeschlossen wurde. Nach einer Drift von ca. 1 Jahr wurde es an den Rand eines unbekannten Landes getrieben. Das war am 30. August 1893. Von Payer schrieb in sein Tagebuch: „…etwa um die Mittagszeit…plötzlich lichtete sich im Nordwesten der Nebel und wir sahen die Umrisse von Felsen. Nach wenigen Minuten eröffnete sich vor unseren Augen das Panorama eines bergigen Landes mit glitzernden Gletschern….Das war ein Geschenk der uns eingeschlossenen Eisscholle…der Zufall führte uns hierher“.
Den unbekannten Archipel nannte von Payer zu Ehren des Imperators von Österreich-Ungarn Franz-Josef-Land, die nördlichste Insel des Archipels, von wo es nur ca. 900 km bis zum Nordpol sind, nach dessen Sohn, Kronprinz Rudolf.
Die Insel Zemlya Aleksandry ist die westlichste des Archipels. Sie wurde 1880 entdeckt und nach der englischen Königin Alexandra (1844-1925) benannt.
Auf der Insel gab es bis vor einiger Zeit die Forschungsstation „Omega“ sowie die Grenzstation „Nagurskaya“.
Gegenwärtig gibt es auf dem gesamten Archipel Franz-Josef-Land nur noch diesen Grenzposten, der die Landepiste unterhält und Russland politisch im Hohen Norden repräsentiert. Benannt wurde die Station nach dem russischen Polarflieger Jan Nagursky, der am 7. August 1914 mit seinem Flugzeug „Farman“ von Novaya Zemlya aus die Suche nach der verschollenen Sedov-Expedition in Richtung FJL aufnahm.
Wir sind also da!
Das Wetter zeigt sich von seiner guten Seite, unsere Stimmung ist gut. Wir zeigen unsere gute Laune auch gegenüber dem Kommandeur der Grenzsoldaten. Der schaut uns prüfend an und bemerkt nach einer kleinen Pause, das vor kurzem eine Inspektion gerade mal für zwei Stunden einflog, aber dann von dem Wetter 2 Monate auf Nagurskaya festgehalten wurde. Alles also sehr relativ.
Die Grenzsoldaten überließen uns ihren sogenannten Sportsaal. Wir brachten unsere ganze Ausrüstung hierher, hier stellten wir auch militärische Metallbetten auf. Lange zu überlegen, wohin mit unserem Shack brauchten wir nicht. Man schlug uns zwei Zimmerchen vor, eines davon war unbeheizt, hatte aber eine sehr gute Lage, um die Arbeitsplätze einzurichten und die Antennen aufzubauen. Wir behalfen uns mit zwei Elektro-Heizkörpern. Es war auszuhalten, solange draußen kein Wind war oder gar Sturm tobte.

Der erste Abend bescherte uns minus 33°C und leichten Wind bis 10m/sec. UA3AKO und RZ3DU errichten die erste Antenne DX77A unweit des Stationsraumes. Die anderen beginnen die Apparaturen auszupacken und die Arbeitsplätze vorzurichten. Die gesamte Technik wurde ausgepackt, damit sie sich den Temperaturen anpassen konnte, in der Zwischenzeit suchten wir Tische und Stühle zusammen. Da es im Shack keinen Elektro-Anschluss gibt, holen wir unsere vorsichtshalber mitgebrachten dicke Verlängerungskabel ( TNX RZ3DU) und verlegen die Kabel zum nächsten Anschlusskasten. Das Unterklemmen überlassen wir dem hiesigen Elektriker, einem jungen wehrpflichtigen Burschen.
Auf meine Frage, warum am Elektroverteiler kein Masseanschluss vorhanden sei, antwortet er etwas zögerlich, dass ja der gesamte Grenzposten auf mindestens 7 m Eis steht und deshalb gar keine „Erde“ da sei.
Wie ich dann später herausfand, hatte unser braver „Elektriker“ bisher überhaupt nur zwei- und vieradriges Kabel gesehen. Unser dreiadriges Verlängerungskabel brachte ihn aber nicht aus der Fassung, er löste die Aufgabe äußerst einfach und meinte, auf Phase zwei Adern und auf Null eine.
Eine verblüffende Logik, bloß mit dem kleinen Fehler, dass er bei der einen Verlängerung zufällig Null und Masse richtig verband, aber beim zweiten Kabel die Phase auf Null setzte. Der Effekt übertraf alle Erwartungen, zunächst erhielten fast alle von uns einen Stromschlag beim gleichzeitigem Berühren zweier Verstärker, der besondere Clou trat aber auf, als wir den Stecker des Antennenkabels mit dem Antennenumschalter verbanden, der Stecker erwärmte sich so stark, dass das Kabel zu schmelzen begann. An diesem Punkt war Schluss für mich und ich begann alles nochmals gründlich zu überprüfen. Die Spannung zwischen den Gehäusen der beiden Verstärker betrug 220 V. Als ich sah, wie unsere dreiadrigen Kabel am Elektroverteiler untergeklemmt waren, bin ich fast in Ohnmacht gefallen. Der erste Gedanke – hoffentlich passiert nichts. Ich musste alles mehrmals selbst überprüfen - lebenswichtig, besonders dann, wenn die Elektroarbeiten von einem jungem Wehrpflichtigen erledigt werden.
Wir errichten den ersten Arbeitsplatz IC-775DSP, ACOM 200A, Notebook, separate Tastatur und Morseautomat. Wir schalten das Satellitentelefon ein und informieren Rolf, DL6ZFG und Sergej, UA3AP , dass die Expedition gut angekommen ist und in wenigen Minuten die Arbeit beginnt.
Die Ehre , das erste QSO zu fahren , wurde ausgelost, wir zogen Hölzchen. Der Glückliche war Leonid, RN3AZ.

Er setzt sich an den Transceiver und versucht Stationen anzurufen, doch keiner hört uns. Als erster antwortet mit Mühe EX8AA, Alexander aus Bishkek. Ungläubig sollten wir mehrmals das Call wiederholen, endlich „schnallte“ er, dass wir von Franz-Josef-Land funkten.
Der Stress der letzten Zeit forderte Tribut, unsere Anspannung legte sich langsam, und wir beschlossen, getreu der alten russischen Tradition, das erste QSO zu begießen und Abendbrot zu essen.
Leonid setzte sich wieder an den Transceiver und begann auf 40 m, SSB, CQ zu rufen. Als vierter antwortet Vladimir, UA3AIO, er gratuliert zum erfolgreichen Beginn der Expedition und wünscht uns alles Gute und Erfolg. Es rufen Arkady, RK3AZ und Igor, UT7QF , es tut gut, hier in der Arktis bekannte Stimmen zu hören. Das Pile up wächst lawinenartig, wir machen Splitbetrieb bis zu 10 kHz.
Die Ausbreitungsbedingungen in der Arktis sind sehr unterschiedlich, viele Signale haben den typischen „polaren“ Klang. Besonders überraschend ist das absolute Fehlen industrieller Störungen, der Äther ist im wahrsten Sinne des Wortes kristallklar.
Nach zwei Stunden stehen bereits mehr als 200 QSO’s im Log, in der Hauptsache Europa, wir wechseln in den CW-Bereich. Während der ersten Nacht bleiben RU3AV und UA3DX im Shack.
Ein Riesen-Pile up, es entsteht der Eindruck, der IC 775DSP schafft die Masse der Anrufer nicht. Viele bedanken sich für das New One. Die Nacht geht zu Ende, immer mehr Stationen aus Nordamerika kommen ins Log. Wir unterbrechen unsere Arbeit keine Minute, mit Ausnahme, der uns aufgezwungenen Pausen durch den militärischen Funkdienst (Störungen S9+20db!).
Der nächste Morgen.
Viktor, UA3AKO wirkt unausgeschlafen, er hat sich die ganze Nacht über den Kopf zerbrochen , wie und wohin mit den Antennen. Beim Frühstück legen wir gemeinsam den Plan zum Aufbau der Antennen fest und sprechen über die Vorbereitung zum RUSSIA-DX-CONTEST. Plötzlich teilt sich unsere Mannschaft in zwei Lager. Nikolai, UA3DX meint, wir sollten nicht am Contest teilnehmen, es sei verschenkte Zeit. Die Mehrheit ist jedoch anderer Meinung und wir beschließen, am Contest teilzunehmen.
Wer nicht an der Station sitzt, geht nach draußen, die restlichen Antennen zu errichten. Selbst unser Kinomann musste aktiv Hand anlegen. Das Wetter war gut, minus 30°C, leichter Wind 15 m/sec.
Wir errichteten die zweite Vertical DX77A etwa 100 m vom Gebäude entfernt. Der Aufbau der Vertikalantennen war kein großes Problem, nur mussten wir leider des öfteren die Handschuhe ausziehen.
Viktor fühlte sich nicht besonders wohl, die schlaflose Nacht zeigte Wirkung, doch unter Anspannung aller Kräfte (da zeigte sich seine militärische Erziehung) und mit Hilfe zweier Grenzsoldaten, die hierzu abkommandiert wurden, begann er die Masten für die TH3MK4 aufzurichten. Eigentlich kein Problem, nicht so aber in der Arktis.
Wir sägten mit einer normalen Säge Löcher in das Eis, versenkten da hinein alte Dieselfässer als Verankerung für die Abspannungen. Nunmehr mussten alle ran, um die Antennen endgültig auf die Masten zu setzen.
Nach dem Mittagessen spannen wir die vorbereiteten Inverted.V für 80 und 160 m auf.
Zu den NF-Bereichen gleich vorweg:
Große Hoffnungen auf gute Bedingungen auf 80 und 160 m hatten wir nicht, hier spielen die Ausbreitungsbedingen im Hohen Norden nicht mit. Es zeigte sich jedoch, dass es uns jede „Nacht“ gelang, wenigstens 10-15 min auf diesen Bändern zu arbeiten. Auf 80 m brachten wir 288 QSO’s ins Log, auf 160 m leider nur ganze 10.
Wieder daheim habe ich aufmerksam alle Meinungen und „guten Ratschläge“ in den unterschiedlichsten Reflektoren gelesen. Die Mehrheit (im sonnigen Süden) empfahl bessere Antennen für diese Bänder zu errichten, aber es lag nicht an den Antennen, sondern an den besonderen Ausbreitungsbedingen im polaren Raum. Wenn es ging, dann ging es gut mit lauten Signalen, leider immer nur sehr kurzzeitig, 10-35 min. Danach wieder absolut Null!
Eine TM3HK4 bauen wir auf dem Dach unseres QTH auf.
Es geht langsam voran, das Wetter wurde schlechter und die Pausen zum Aufwärmen im Shack immer länger. Die Arbeit im Äther wird nicht unterbrochen, regelmäßig wechseln die Op’s. Am besten geht es auf 20 und 40 m, insbesondere in den „Nacht“-Stunden.
Kurz vor Beginn des Contestes finden wir im Pile up Igor, RA3AUU, der aus Kuwait QRV ist, herzliche Worte hin-und her.
Der Contest beginnt. Die Bedingungen haben sich merklich verschlechtert. Unsere CQ-Rufe werden kaum beantwortet, wir gehen selbst auf Suche. Gleiches Ergebnis, die Bedingungen spielen nicht mit.
Plötzlich, als wenn man einen Schalter umlegt, die Bedingungen sind wieder da, das Pile up ist gewaltig und wächst und wächst. Wir müssen selbst im Contest Splitbetrieb machen. Viele geben die Nummer 001, manche vergessen es aus Freude über das New-One. Wir müssen oft nachfragen. Mit der Anzahl der QSO’s steigt auch unsere Stimmung wieder, wir schließen Wetten ab. Leonid, RN3AZ nennt die Zahl 1,5tausend im Contest, sein Namensvetter, RZ3DU ist optimistischer und wettet 2000. Letztendlich werden es 2224 Verbindungen im RDXC.
Allgemeiner Tenor – Contest war erfolgreich, die Arktis bescherte uns als weiteres Geschenk gute Ausbreitungsbedingungen. Während des Contestes arbeiteten wir von der zweiten Station aus zeitweise auch auf den WARC-Bändern.
Die Stimmung bleibt gut, wir hatten uns ausreichend gute Verpflegung mitgebracht, außerdem gingen wir hin- und wieder interessehalber in die Soldaten-“Stolovaya“. Die Grenzer freuten sich immer, uns zu sehen - etwas Abwechslung in ihrem tristen Alltag. Sie waren hilfreich und zuvorkommend.
Um unseren Aufenthalt am ”Ende der Welt“ etwas aufzulockern, schlug uns der Grenzkommandeur eine kleine Exkursion an den „Strand“ vor.
Die Küste lag etwa 5 km von dem Grenzposten entfernt.
Am 22.März „nach dem Essen“ machten wir uns mit einem Kettenfahrzeug und unter dem „Schutz“ von 5 Hunden auf den Weg. Die Hunde hier in der Arktis sind etwas besonderes, äußerlich erinnern sie an einen Schäferhund, allerdings etwas größer und überaus gutmütig.
Am Ufer überraschen uns große durchsichtige, glitzernde Eisschollen von unnatürlicher blauer Farbe. Leider liegen eine Riesenanzahl leerer Dieselfässer und großer Brennstoff- Zisternen am ganzen Ufer verstreut. Leer und liegen gelassen seit Jahrzehnten. Wir statten auch der aufgelassenen ehemaligen Polarstation „Omega“ einen Besuch ab. Interessant nach Jahren diese Station wieder zu betreten. Alles ist gut erhalten, alle Werkzeuge sind da, die Werkstätten und Räumlichkeiten so hinterlassen, als könnten die Polarforscher jederzeit zurückkehren.
Der lange Aufenthalt an der frischen Luft macht hungrig und müde. Doch nach einer kurzen Erholungsphase und einem kräftigen Abendbrot geht es wieder an die Geräte.
RTTY
Viktor, UA3AKO ist besonders zu loben. Als wahrer und einziger RTTY-Enthusiast unter uns Teilnehmern der Expedition hat er vielen ein New-One in dieser Betriebsart ermöglich. Er hat regelrecht darum gekämpft, maximal RTTY machen zu dürfen. Ehrlich regelrecht kämpfen(!), denn in dieser Zeit war kein anderer Funkbetrieb möglich und alle übrigen Expeditionäre haben gesessen und überlegt, wie man diesem RTTY-Treiben möglichst schnell wieder ein Ende bereiten kann. Alle mehr oder weniger üblen Späße und Anfeindungen hat Viktor mutig abgewehrt und mit den knapp 2000 RTTY-QSQ’s das DXCC-Territorium Franz-Josef-Land aus dem RTTY-Nichts geholt.
Die RTTY-Fans werden es ihm danken.
Bei der anstrengenden Arbeit im Äther merken wir gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Langsam müssen wir uns auf den Rückflug vorbereiten. Planmäßig sollen wir am 25. März von FJL abfliegen. Wir bereiten alles vor, verpacken die Geräte und Ausrüstung. Ein Arbeitsplatz und zwei Antennen bleiben noch stehen. Wir wollen bis zur letzten Minute qrv sein.
Wiederum macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung.
Am Morgen des 25. März haben wir böigen Seitenwind bis zu 20 m/sec, an eine Landung des Flugzeuges aus Vorkuta, welches uns abholen soll, ist gar nicht zu denken.
Am härtesten traf es Leonid, RZ3DU, der ab Montag wieder seiner Tätigkeit in Moskau nachgehen musste. Über Satellitentelefon informieren wir unsere Angehörigen und Freunde über die neue Situation. Wir hoffen für den nächsten Tag auf besseres Wetter. Keinen Augenblick unterbrechen wir unsere Arbeit im Äther.
R1FJ ist immer noch mindestens 24 h qrv!
Nebenbei packen wir weiter ein, eine Station, IC 775DSP+ACOM2000 und eine DX77A bleiben in Betrieb. Am nächsten Morgen werden stündlich Wettermeldungen zwischen FJL und Vorkuta ausgetauscht, um den Start des Flugzeuges in Vorkuta zu ermöglichen. Endlich kommt die Information, das Flugzeug ist gestartet und nimmt Kurs auf Franz-Josef-Land. Uns bleiben also 5 Stunden im Äther und um alles zum Abflug vorzubereiten. Nach etwa einer Stunde besucht uns der Kommandeur des Grenzpostens und teilt mit, das Flugzeug musste aus technischen Gründen nach Vorkuta zurückkehren. Unsere diesbezüglichen Witze erhalten einen makabren Anstrich, und die Hoffnung, heute abzufliegen sinkt auf den Nullpunkt. Nach weiteren 2 Stunden kommt die Nachricht, das Flugzeug sei wieder zu uns unterwegs. Das Wetter hat sich beruhigt, es ist warm, minus 28° und nur leichter Wind so um die 10 m.
Zwei Stunden bevor wir QRT machen müssen, rufen wir nur noch auf russisch für Russland und CIS. Nun können wir beobachten, wie viele ausländische Funkamateure doch russisch sprechen.
Das Flugzeug ist im Landeanflug, 20 Minuten vor seiner Landung auf der Piste, teilen wir das Ende der Expedition mit. Die letzte Antenne wird abgebaut, das Flugzeug beladen und nach einem herzlichen Abschied von unseren Gastgebern, den Soldaten des Grenzpostens „Nagurnaya“, verlassen wir gegen 17.00 Uhr Franz-Josef-Land in Richtung Vorkuta.
5 Stunden Flug vergehen erstaunlich schnell, in Gedanken sind wir noch immer auf der Insel, die vergangene Zeit spukt in unseren Köpfen, keine Spur von Müdigkeit. Spät abends landen wir auf dem Festland, ab ins Hotel, dort werden wir wie alte Bekannte begrüßt. Früh am nächsten Morgen sind wir wieder auf dem Flugplatz, wir laden unsere Ausrüstung in ein anderes Flugzeug um,…vier Stunden bis Moskau. Dachten wir….wieder haben wir „Glück“ – in Moskau herrscht kein Flugwetter, wir fliegen nach Joshkar-Ola und dann erst nach Moskau. Damit verbringen wir über 8 Stunden in der Luft und das in einer alten „Ratter-Kiste“ von Typ AN-26. Unvergesslich!
In Moskau ist es ungemütlich, kalt und regnerisch. Dafür der Empfang durch unsere Freunde und Bekannte umso herzlicher und wärmer. Wir sind wieder zu Hause.

In 7 Tagen haben wir 22363 Verbindungen auf allen Bändern erreicht, CW (10280) und SSB (10399) halten sich die Waage, 1684 RTTY.
( Anmerkung von QSL-Manager DL6ZFG: die Zahlen haben sich durch Doppel-QSO’s und Fehler im Computerlog geringfügig geändert, endgültige Zahlen nach vollständiger Prüfung aller Logdaten)
Die Mitglieder der DX-Expedition R1FJ danken insbesondere Valery Komarov, RD3AF für seine uneigennützige Hilfe und Unterstützung bei der Organisation und Finanzierung dieses Projektes, der Führung der Grenztruppen der Russischen Föderation und persönlich Herrn M.F. Suknovalenko für die Unterstützung der Expedition.
Wir bedanken uns weiterhin bei allen Funkamateuren, die uns angerufen haben, die uns unterstützten und dieser Expedition zum Erfolg verhalfen.
Die R1FJ-Crew bedankt sich bei allen größeren und kleineren Sponsoren für ihre Hilfe, bei der GDXF und EUDXF für die finanzielle Zuwendungen und bei QSLSHOP Berlin und persönlich bei DG0ZB für die großzügige Unterstützung der Expedition nach Franz-Josef-Land.